Worum geht es?
Die politischen Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie haben dazu geführt, dass die Lehre im Sommersemester 2020 an Hochschulen in Deutschland nicht in Form von Präsenzveranstaltungen stattfinden konnte. Die Hochschulen scheinen diese Vorgabe schnell umgesetzt zu haben, indem sie eine große Bandbreite an lokalen Lösungen für die ad hoc-Umstellung auf digitale Lehre gefunden haben. So war es den meisten Studierenden möglich, Lehrveranstaltungen online zu besuchen und Studienleistungen zu erbringen. Für das Wintersemester 2020/21 gilt zwar “so viel Präsenz wie möglich”, aber angesichts der weiterhin geltenden Hygienevorschriften wird dies nur in einem kleinen Rahmen, fern von Routinen, möglich sein. Nach der anfänglichen Umstellung auf digitale Lehre sind zum Wintersemester 2020/21 also zunehmend hybride Lehrformate zu entwickeln. Über diese Notfall-Lösungen hinaus stellt sich für die weitere Zukunft der Hochschullehre die Frage, inwieweit Präsenzveranstaltungen sinnvoll durch digitale Formate, weitere Lernorte und informelle Lernprozesse ergänzt werden können und welche Chancen eine zunehmend hybride Hochschullehre bietet. Dies berührt nicht nur die methodisch-didaktische Gestaltung hybrider Lehrkonzepte, sondern auch ihre Einbindung in die Studienprogramme und die dafür notwendigen Veränderungen der strukturellen Rahmenbedingungen der Hochschulen.
Anhaltspunkte für zukünftige Gestaltungsaufgaben versprechen die zahlreichen Untersuchungen, die in Reaktion auf die Ausnahmesituation an den Hochschulen durchgeführt wurden. Hierzu gehören hochschulinterne Befragungen von Studierenden, Lehrenden und Verwaltungspersonal, die Einblick geben, wie die Beteiligten das Sommersemester 2020 erlebt haben, genauso wie hochschulübergreifende Untersuchungen ausgewählter Zielgruppen bzw. spezifischer Fragestellungen, die auch von hochschulexternen Einrichtungen initiiert wurden. Das Methodenspektrum reicht dabei von quantitativen Fragebogenerhebungen über qualitative Interviewstudien bis hin zur systematischen Selbstbeobachtung involvierter Akteur*innen. Hinzu kommt die Dokumentation von Aktivitäten, die als Hochschulentwicklungsmaßnahmen initiiert wurden und zur Veränderung der lehrbezogenen Rahmenbedingungen beitragen.
Die auf diesem Weg gewonnenen Einblicke in die Umstellung auf digitale bis hin zu hybrider Lehre sind Gegenstand des geplanten Sammelbandes. Er soll ganz unterschiedliche Ansätze hochschuldidaktischer Forschung (Jenert, Reinmann & Schmohl, 2019; Szczyrba & Schaper, 2018) versammeln, um der Frage nachzugehen, welche Implikationen sich aus den empirischen Daten für die Hochschulbildung und die hybride Hochschullehre ableiten lassen. Damit steht einerseits die hochschulpolitische Forderung nach Evidenzorientierung auf dem Prüfstand: Wie kann es gelingen, Forschungsergebnisse zur Lösung praktischer Probleme zu nutzen? Andererseits ist die Hochschuldidaktik gefordert: Wie kann sie unter den aktuellen Umständen das Postulat bzw. den Anspruch einlösen, nicht (mehr) nur zur methodisch-didaktischen Gestaltung von Lernumgebungen beizutragen, sondern auch (wie in ihren Anfängen) zur Curriculumentwicklung und zu weiteren lehrbezogenen Strukturveränderungen an Hochschulen?
Der Sammelband greift somit nicht nur aktuelle Herausforderungen in der Praxis der Hochschullehre auf, sondern beleuchtet auch die Rolle der Hochschuldidaktik für die hochschulische Organisationsentwicklung (Brahm, Jenert & Euler, 2016; Barnat, Bosse & Mergner, 2017; Heuchemer, Szczyrba & van Treeck, 2020) und regt zur kritischen Diskussion hochschuldidaktischer Forschungsansätze (Scharlau, 2019; Spinath & Seyfried, 2018; Langemeyer & Reinmann, 2018) an.
Weitere Informationen finden Sie im angehängten Call for Papers
- Abgabetermin eines Abstracts (max. 3000 Zeichen inkl. Leerzeichen) bis 31.10.2020
- Abgabetermin des Volltextes (35.000 bis max 50.000 Zeichen inkl. Leerzeichen) bis 15.03.2021
- Blind-Review-Verfahren
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